05. Juli 2019 (aktualisiert am 03. Juli 2023) Erstellt von Jennifer Schmitz Arbeitsleben
In Zeiten von E-Mail und Messengern ist ein Telefonanruf fast schon verpönt – im Büro wird man häufig durch Anrufe aus der Aufgabe gerissen, privat hat man eigentlich nie wirklich Zeit, zu plaudern und lässt sich mit der Antwort auf die letzte WhatsApp Zeit. Auch, wenn die gefühlte Mehrheit das Telefon wie einen Feind betrachtet, gibt es immer noch wahre Telefon-Verehrer, die lieber zum Telefon greifen, als eine E-Mail zu verfassen. Doch welche Herangehensweise ist nun die bessere?
Jeder hat es schon einmal erlebt: Man ist in eine wichtige, vielleicht sogar zeitlich dringliche, Aufgabe vertieft und plötzlich klingelt das Telefon. Ob man nun drangeht oder nicht – allein das klingelnde Telefon reist einen schon aus dem Gedanken und nun braucht man wieder Zeit, sich wieder an den Punkt einzuarbeiten, an dem man gerade war.
Ganz klar, für den Anrufer ist dies meist gerade ein guter Zeitpunkt für den Anruf. Vielleicht hat er gerade Zeit oder braucht Feedback, um eine eigene Aufgabe fertigstellen zu können. Besser ist es in so einem Fall, per E-Mail, SMS oder Slack-Nachricht vorzufühlen, ob es gerade passt oder von vorneherein nach einem Termin zu fragen. Dies gilt übrigens auch für unangekündigte persönliche Besuche im Büro.
Oft führt man ein Telefonat, um wichtige Projekte zu besprechen oder kurzfristig Entscheidungen zu treffen. Bestenfalls erstellt man dazu Gesprächsnotizen, die man im Nachgang per E-Mail teilt, sodass das Ergebnis des Gesprächs klar festgehalten wurde und Missverständnisse vermieden werden. Im Berufsalltag ist dies aus Zeitgründen aber nicht der Regelfall. Das Gespräch bleibt flüchtig, das Ergebnis auch und am Ende weiß einer der Gesprächspartner im Worst Case davon gar nichts mehr. Daher sollten Entscheidungen per Mail getroffen werden, sodass man im Zweifel noch einmal nachlesen kann, was genau vereinbart wurde.
Zugegeben: Im Gespräch lässt sich dies viel einfacher und schneller realisieren. Dann sollte aber auch hier wieder ein Termin vereinbart werden, sodass man sich auf die Entscheidungsfindung vorbereiten und direkt Notizen machen kann. Außerdem sollte dann am Ende noch einmal ein kurzes, schriftliches Protokoll folgen.
Dieser Punkt ähnelt Punkt 1 „Man ist beschäftigt“. Ein Telefonanruf kann aber auch aus anderen Gründen ungelegen kommen: Beispielsweise ist man gerade auf dem Sprung oder zwischen zwei Terminen – man hat zwar eigentlich Zeit, den Anruf entgegen zu nehmen, hat aber gerade keinen Kopf dafür. Ein Gespräch „zwischen Tür und Angel“ ist nicht zielführend.
Es ruft jemand an, an den man sich absolut nicht erinnert. Dies ist natürlich eine unangenehme Situation, insbesondere, da der Anrufer Zeit hatte, sich vorzubereiten und weiß mit wem er spricht. Kündigt man ein Gespräch vorher an, so wissen beide Gesprächspartner, mit wem sie reden und können auf einem besseren Informationslevel starten.
Bei einem (nicht vereinbarten) Anruf muss man in der Regel das unterbrechen, was man gerade tut. Außerdem weiß man unter Umständen nicht, aus welchem Grund der Anrufer gerade Kontakt aufnimmt. Mit großer Wahrscheinlichkeit ist man auf den Anruf nicht vorbereitet und nicht im Thema. Das Ergebnis ist ein ineffizientes Gespräch.
Hier sollte man den Anruf wieder ankündigen, damit sich der Gesprächspartner auf das Thema vorbereiten kann und ein effizientes Telefongespräch entstehen kann. In manchen Fällen könnte es sogar vorteilhaft sein, per E-Mail zu skizzieren, welche Punkte besprochen werden sollen, um das Gespräch noch zielführender zu gestalten.
All‘ diese Gründe sprechen für die Kommunikation per E-Mail. Grundsätzlich können Telefonate natürlich vorteilhafter sein, als die schriftliche Kommunikation. In der Regel lohnt es sich aber, den Anruf vorher anzukündigen bzw. direkt einen Telefontermin zu vereinbaren, auf den sich beide Gesprächspartner vorbereiten können.
Es gibt aber auch andere Stimmen, die einen schnellen Anruf einer E-Mail bevorzugen und darauf beharren, dass der Anruf deutliche Vorteile gegenüber der E-Mail hat. Allen Gannett, Geschäftsführer einen Marktforschungsunternehmens, hat bei einem Selbsttest folgende Vorteile identifiziert:
Einer Studie Western University in London (Ontario) besagt, dass ein persönliches Gespräch 34-mal effizienter ist, als eine schriftliche Anfrage. Viele Menschen überschätzen ihre Überzeugungskraft, wenn Sie schriftlich kommunizieren und unterschätzen hingegen den persönlichen Kontakt. Dieser wirkt für viele Menschen glaubwürdiger und erhöht so die Chancen auf eine zielführendere Kommunikation.
Anrufe können überall getätigt werden: In der Bahn, im Taxi, im Auto oder auf einem Spaziergang. Natürlich können in Zeiten von Smartphones und Tablets auch E-Mails unterwegs geschrieben werden, doch ein Telefonat ist hier meist komfortabler – insbesondere, wenn man zu Fuß unterwegs ist oder selbst Auto fährt.
Auch Rückrufe kommen erfahrungsgemäß schneller, als Antworten auf E-Mails oder auf einen Rückrufwunsch per E-Mail.
Durch Anrufe können bessere Gespräche zustande kommen, da man an der Stimme viel besser den Gemütszustand des Gegenübers erfassen kann. Bei der schriftlichen Kommunikation nutzt man meist Emojis, um eine weitere Bedeutungsebene zu einem Satz hinzuzufügen. Bei der Business-Kommunikation wirkt die Nutzung von Emojis jedoch meist unprofessionell. Missverständnisse können entstehen, die im persönlichen Gespräch nicht entstehen oder die man sofort mündlich ausräumen kann, wenn man merkt, dass das Gegenüber das Gesprochene falsch verstanden hat.
Die emotionale Kommunikationsebene fehlt bei der schriftlichen Kommunikation komplett, sodass hier neben Missverständnissen auch persönliche Reibungen entstehen können, wenn das Geschriebene nicht korrekt verstanden wird.
Gannett beschreibt einen weiteren Vorteil von Telefonaten vs. E-Mail: Er habe öfter vom Bildschirm weggeschaut und habe so seinen Nacken entspannen können. Ein weiterer Effekt in diesem Zuge kann auch eine Entspannung der Augen sein, die durch das ständige Starren auf den Bildschirm in Mitleidenschaft gezogen werden. Nutzt man ein DECT-Telefon oder ein schnurloses Headset, so kann man während eines Telefongesprächs sogar aufstehen und herumlaufen, was weitere gesundheitliche Vorteile mit sich bringt.
Der große Nachteil der E-Mail: Man kann sie liegen lassen, übersehen oder ignorieren. Das geht bei einem Anruf nicht. Wartet man also schon geraume Zeit auf eine Antwort, so ist der Griff zum Telefon auch ohne Vorankündigung legitim. Immerhin kann man nicht ewig auf eine Antwort warten.
Beschwerden über störende Telefonate gibt es viele – daher sollte man diese ernst nehmen, da Sie die Produktivität behindern können. In den meisten Fällen geht es jedoch um angekündigte, überraschende Anrufe. Das Telefonat an sich bringt viele Vorteile mit sich, daher sollte man nicht grundsätzlich die E-Mail über einen Anruf bevorzugen. Jedoch sollte man einen Anruf im Regelfall ankündigen und einen Termin vereinbaren, damit dieser auch zielführend ist.
Am Ende gibt es keinen Gewinner: Die E-Mail sowie das Telefonat haben ihre eigenen Vor- und Nachteile. Man muss von Situation zu Situation abwägen, welches Medium am wirksamsten ist.