09. März 2022 (aktualisiert am 27. September 2022) Erstellt von Niklas Eckert Arbeitsleben
Es gibt eine ganze Reihe alternativer Arbeitsmodelle, die man dem Begriff New Work zuordnen kann. Über einige davon könnt ihr bereits in unserem Blog nachlesen: Home Office, Digital Nomads oder die 4-Tage-Woche. Ein weiteres beliebtes Konzept ist das Coworking beziehungsweise die sogenannte Coworking Space. Die Coworking Spaces bilden zwar kein brandneues Modell, erfreuten sich jedoch speziell in der Zeit vor Corona immer steigender Beliebtheit.
Bereits Ende des 20. Jahrhunderts gab es auch in Deutschland Konzepte, die denen der heutigen Coworking Spaces ähnelten. Der Begriff etablierte sich jedoch erst im Jahr 2005 durch die Gründung einer so benannten Space in San Francisco. Im Wesentlichen bedeutet Coworking nichts weiter als nebeneinander beziehungsweise zusammenzuarbeiten. Die Coworking Spaces bilden ein flexibles Arbeitsumfeld, in dem Nutzer sich mit anderen Nutzern verknüpfen und netzwerken können. Die Art der Nutzer kann innerhalb der Coworking Spaces stark variieren. Man kann sowohl Freiberufler und Digital Nomads als auch Start-Ups oder größere Firmen antreffen, die die Angebote der Coworking Spaces nutzen.
Den Nutzern stehen in den Coworking Spaces die wichtigsten Büroausstattungen und Infrastruktur bereits zur Verfügung. Zudem gibt es für sie die Möglichkeit, zwischen verschiedenen Preismodellen zu wählen, die zum Beispiel abhängig vom Nutzungszeitraum oder der Art des Arbeitsplatzes sind. Gängig sind dabei vor allem die folgenden Varianten:
Neben der Vergabe von Arbeitsplätzen spielen für viele Anbieter mittlerweile ebenfalls die Vermietung weiterer Flächen für Events oder Meetings eine zentrale Rolle.
Im Gegensatz zu herkömmlichen Büros sind Arbeitsplätze in Coworking Spaces zeitlich flexibler nutz- und kündbar. Während man sich für die Miete eigener Räumlichkeiten oft über einen langen Zeitraum bindet oder vergleichsweise lange Kündigungsfristen einhalten muss, was speziell in der Anfangsphase eines Unternehmens ein finanzielles Risiko darstellen kann, bieten Coworking Spaces im Idealfall eine einmonatige Kündigungsfrist für den Nutzer. Eine noch größere Flexibilität kann erreicht werden, wenn der Vertrag von Beginn an auf einen bestimmten Zeitraum festgelegt ist.
Ebenso bieten Coworking Spaces im Fall einer positiven Entwicklung von zum Beispiel Start-Ups die Möglichkeit, eine größere Fläche beziehungsweise mehr Arbeitsplätze zu mieten, wobei natürlich auch hier gewisse Grenzen gegeben sind. Diese sind bei einem eigenen Büro jedoch für gewöhnlich eher erreicht.
In der Regel fallen die Kosten für die Nutzung von Coworking Spaces niedriger aus als die eines eigenen Büros. Für letzteres fallen bereits vor der tatsächlichen Nutzung nicht unerhebliche Kosten an, um die Räumlichkeiten und Mitarbeiter entsprechend auszustatten. Hinzu kommen die monatlichen Mietkosten, Nebenkosten und sonstige Verbrauchskosten. Die notwendige Ausstattung (u.a. Internet, Drucker, Scanner) ist in den Coworking Spaces bereits inkludiert. Dementsprechend fallen lediglich einmalige Anschaffungskosten für die Hardware und die Kosten für die monatliche Miete an.
Coworking Spaces bieten den Nutzern zwar die Möglichkeit soziale und geschäftliche Kontakte zu knüpfen, gleichermaßen kann dadurch jedoch eine recht unruhige Arbeitsatmosphäre und hohe Lautstärke entstehen. Dementsprechend besteht die Gefahr, dass man sich leicht ablenken lässt, sofern man kein privates Büro besitzt.
Ebenso kann die Privatsphäre unter den Coworking Spaces leiden. Es ist nur schwer möglich ein Telefonat ohne dritte Zuhörer zu führend und auch sensible Unternehmensdaten sollten in den Coworking Spaces umsichtig behandelt werden.
Für die Nutzer bestehen zudem nur eingeschränkte Möglichkeiten zu einer individuellen Einrichtung des Arbeitsplatzes und Corporate Branding. Dadurch geht in gewisser Weise auch die Repräsentativität der Räumlichkeiten verloren, sodass Coworking Spaces vor allem für Geschäftstermine mit Kunden und Partnern nicht die beste Wahl darstellen.
Gerade zu Beginn der Pandemie litten der Großteil der Anbieter und Nutzer von Coworking Spaces gleichermaßen. Einige der regelmäßigen Nutzer blieben den Coworking Spaces aufgrund unsicherer Auftragslage und entsprechend eingeschränktem Kapital fern. Ebenso wurden die Meeting- und Eventräume von jetzt auf gleich kaum noch oder gar nicht genutzt und stattdessen auf Video-Konferenzen umgestellt. Entsprechend hatten viele Anbieter von Coworking Spaces mit einem erheblichen Umsatzverlust zu kämpfen. Für manche Coworking Spaces hatte dies sogar die Schließung zur Folge, jedoch wurden während der Pandemie auch zahlreiche neue Standorte eröffnet.
Viele Arbeitnehmer, die zu Beginn der Pandemie von ihren Arbeitgebern in das Home-Office geschickt wurden, waren nicht in der Lage dort fokussiert zu arbeiten oder benötigten den Kontakt zu den Kollegen. Für einige Arbeitgeber stellen somit die Coworking Spaces eine sinnvolle Option dar, um entsprechende Teams dezentralisiert zusammenzuführen und gleichzeitig das Ansteckungsrisiko im gesamten Unternehmen zu minimieren. Ebenso spielen die bereits genannten Vorteile der kurzfristigen Verfüg- und Kündbarkeit eine Rolle, die den Unternehmen eine hohe Flexibilität bieten.
Johannes Gräf, Geschäftsführer und Membership Manager des STARTPLATZ mit Standorten in Köln und Düsseldorf, berichtet uns über einen starken Umsatzeinbruch speziell zu Beginn der Pandemie in sämtlichen Geschäftsbereichen. So wurden Team-Büros gekündigt, aber auch sonstige Coworking-Plätze und Veranstaltungen weniger nachgefragt beziehungsweise gänzlich pausiert.
Auch durch neue und angepasste Konzepte konnte sich die Nachfrage mittlerweile jedoch wieder erholen. Speziell im digitalen Bereich sind neue Ideen ins Leben gerufen worden, die auch aktuell noch Anklang in der Community finden.
"Vor allem das Event-Format Speed Networking, mit dem wir einen regelmäßigen virtuellen Austausch schaffen und damit das fehlende Networking, wie wir es aus dem Coworking-Space-Alltag kennen, nachbilden, wurde super angenommen."
Neben der Ausarbeitung eines entsprechenden Hygienekonzepts wurden die Konferenzräume zu Coworking-Bereichen umgestaltet, um dieses zu realisieren. Als potenzielle neue Zielgruppe wurden Studierende identifiziert, denen durch die Schließung der Uni-Bibliotheken und entsprechenden Lernmöglichkeiten der Raum für konzentriertes Lernen fehlte. Für diese hat STARTPLATZ sein Angebot um eine vergünstigte Studierenden-Mitgliedschaft erweitert.
Auch Ansgar Oberholz, CEO und Co-Founder des Anbieters St. Oberholz aus Berlin, bestätigt im Gründerszene-Podcast "So geht Startup" die Erfahrungen der Coworking Spaces während der Pandemie. Speziell die Eventflächen wurden frühzeitig als risikoreich eingestuft und ein Großteil folglich in Flex Offices umgewandelt, auf denen für den Anbieter der Fokus liegt. Diese konnten sich nach anfänglichen Schwierigkeiten schnell wieder einer gesunden Nachfrage erfreuen, während die Eventflächen längerfristig nur sehr eingeschränkt genutzt wurden. Für Unternehmen, die während Corona in den Coworking Spaces blieben, wurden rabattierte Mieten, gleichzeitig jedoch längere Laufzeiten und Kündigungsfristen angeboten.
Im Vergleich mit dem klassischen Bürokonzept weiß das Coworking in vielerlei Hinsicht durchaus zu überzeugen. Aufgrund ihrer zeitlichen und räumlichen Flexibilität stellen Coworking Spaces speziell für junge Unternehmen eine echte Alternative dar, die das unternehmerische Risiko verringern kann.
Auch wenn die Corona-Pandemie vielen Coworking-Spaces geschadet hat und für einige das Ende bedeutete, so hat sie den Anbietern auch neue Chancen eröffnet. Zum einen hat die Pandemie Optimierungspotenziale und -notwendigkeiten im Geschäftsmodell der Coworking-Spaces offenbart. Die Anbieter konnten Schwachstellen im eigenen Angebot identifizieren und entsprechend anpassen oder neue Konzepte entwickeln, wie zum Beispiel „Speed Networking“. Zum anderen haben zahlreiche neue Nutzer, wie zum Beispiel Studierende, das Konzept Coworking-Spaces für sich entdeckt und somit dazu beigetragen, dass das Wachstum im Vergleich zu den vorigen Jahren zwar etwas gebremst, aber keineswegs gestoppt wurde.
Es ist sehr wahrscheinlich, dass das klassische Bürokonzept in Zukunft weniger von Bedeutung sein wird als vor der Pandemie. Auch Johannes Gräf sieht, dass "große Büros für Unternehmen immer unattraktiver [werden], wenn Arbeitnehmer*innen weiterhin primär aus dem Home-Office arbeiten möchten. Der Trend geht über zu kleinen Büros mit flexiblen Laufzeiten (…) oder eben zu einzelnen Plätzen in einem Coworking Space, die das Home-Office ersetzen beziehungsweise ergänzen können."
Für die Coworking Spaces gilt es auch in Zukunft durch eine höchstmögliche Flexibilität schnell und effizient auf Veränderungen in der Arbeitswelt reagieren zu können, um langfristig erfolgreich zu bleiben.