08. April 2020 (aktualisiert am 12. Mai 2020)      Erstellt von Viktoria Szostakowski      Arbeitsleben

Corona-Krise: Deutsche Startup-Szene in Gefahr

Die Corona-Krise hält uns alle im Griff. Seit einigen Wochen gelten bestimmte Maßnahmen, die wahrscheinlich noch einige Zeit unseren Alltag bestimmen werden: reduzierte Sozialkontakte, geschlossene Einrichtungen, abgesagte Veranstaltungen – kurz gesagt, das öffentliche Leben ist drastisch eingeschränkt. Es leidet jedoch nicht nur das gesellschaftliche Leben, sondern insbesondere die Wirtschaft. Doch wer die Folgen der Krise am meisten zu spüren bekommt, sind kleine Unternehmen und Startups, die teilweise sogar mit der eigenen Existenz zu kämpfen haben.

Wie schlimm ist die Lage?

Startups greifen oft auf eigenes Privatvermögen zurück oder sind von dem Kapital ihrer Investoren abhängig. Zudem verfügen sie, anders als etablierte Unternehmen oder Konzerne, selten über genügend Rücklagen. Dies erweist sich jetzt, in der durch das Corona-Virus hervorgerufenen Wirtschaftskrise, als großes Problem, sodass sich viele deutsche Startups in ihrer Existenz bedroht sehen. Startups und Kleinunternehmen fehlt es an Geldern, um die momentane Krise möglichst glimpflich zu überstehen.

Der Verband Deutscher Startups und Curth+Roth führten eine Befragung unter rund 1000 Startups durch und stellten fest, dass die Auswirkungen der Wirtschaftskrise für die deutsche Startup-Szene sehr erschreckend sind. 91,1 Prozent der Befragten geben an, in ihrer Geschäftstätigkeit beeinträchtigt zu sein. Der Großteil der Startup-Szene (80,3 Prozent) sieht sogar ihre Existenz durch die Krise gefährdet, dazu gehören insbesondere Startups aus der Tourismus-Branche (95,7 Prozent).

Startups aller Größen sind von der Corona-Krise betroffen. Sowohl größere als auch kleinere Startups sind einer akuten Gefahr im kommenden halben Jahr ausgesetzt. Dabei ist Lage der Startup-Szene von der aktuellen und längerfristigen Finanzierungsplanung der Bundesregierung abhängig.

„2019 dürfte vorerst das letzte Rekordjahr für das europäische Start-up-Ökosystem gewesen sein“- Hubert Barth, Vorsitzender der EY-Geschäftsführung Deutschland

Die Freude des letzten Jahres ist also schnell verpufft. Vergangenes Jahr hatten nämliche europäische Startups noch Rekordgelder von Investoren eingeworben und einige große Deals abgeschlossen. Spitzenreiter in Sachen eingeworbener Investitionen waren Gründer aus Großbritannien, dicht gefolgt von Deutschland und Frankreich. Insgesamt betrugen die Investitionen von Fonds und Konzernen in Wachstumsfirmen im Jahr 2019 31,1 Milliarden Euro und somit 46 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr.

Corona-Krise: Staatliche Hilfeprogramme nutzen nicht allen

Die aktuelle Corona-Krise hat Unsicherheit und Verzweiflung innerhalb der Startup-Szene hervorgerufen. Jedoch wurden Unternehmen nicht allein gelassen, sondern haben Hilfe in Form finanzieller Hilfen durch den Staat erfahren.

Die vom Staat ins Leben gerufenen Hilfeprogramme wirken durchaus unterstützend für einige Unternehmen, unterliegen dabei aber gleichzeitig bestimmten Bedingungen. So richten sich politische Hilfsprogramme in erster Linie an größere Unternehmen, zu denen Startups mit anstehender Finanzierungsrunde nicht gehören und somit akut bedroht sind. Andere Maßnahmen hingegen, die speziell auf kleinere Unternehmen ausgerichtet sind, setzten solche Bedingungen voraus, an denen manche Startups weiterhin scheitern. Trotz der umgesetzten Maßnahmen fallen immer noch viele Startups durch das Raster und bangen um ihre Existenz.

Die erlassenen Maßnahmen, wie die Steuererleichterung und das „Milliarden-Schutzschild“, sind zwar für einige Unternehmen vielversprechend, für andere wiederum keine Hilfe. Das liegt daran, dass viele Startups als nicht „bankable“ eingestuft werden, sprich nicht kreditfähig, und somit dringend benötigte Gelder nicht gestattet werden. Die vom Bund erlassene NRW-Soforthilfe 2020 richtet sich lediglich an bedrohte Selbstständige, Freiberufler oder Kleinstunternehmen mit bis zu 50 Beschäftigten.

Es gibt weiterhin zahlreiche Startups, die zu groß für die Soforthilfe sind und aufgrund risikofreudiger Geschäftskonzepte keine Hilfskredite zugesprochen bekommen. Aufgrund fehlender Rücklagen, ausstehender Finanzierungsrunden und keinem Zugang zu Investoren stehen solche Startups vor einer besonderen Herausforderung. Wie aus der zu Anfang erwähnten Studie hervorgeht, sind diese auf sofortige finanzielle Hilfe angewiesen, um nicht in wenigen Wochen Insolvenz anmelden zu müssen.

Neue Hilfen geplant

Wie die bisherige Entwicklung zeigt, sind viele Startups von den beschlossenen Finanzierungsmaßnahmen und dem Stabilitätsfonds ausgeschlossen. Aus diesem Grund hat das Finanzministerium nun Mittel geschaffen, um Finanzierungsrunden zu unterstützen und die Existenz möglicher Erfolgsunternehmen zu sichern.

Die Bundesregierung will Startups Hilfe in Höhe von zwei Milliarden Euro bereitstellen. Dies soll aber nicht auf direktem Wege erfolgen, sondern das Geld soll zunächst an potenzielle Investoren gezahlt werden, die wiederum in zukunftsfähige Unternehmen investieren. Es handelt sich um sogenannte Matching Fonds, bei denen nicht nur der Staat, sondern auch private Investoren aushelfen – meist in einem Verhältnis 70 zu 30. Auf diesem Weg soll sichergestellt werden, dass nicht zukunftsfähige Startups, die unabhängig von der Corona-Krise keine Chance auf dem Markt hätten, ausgesiebt werden und Gelder nicht sinnlos oder missbräuchlich verteilt werden.

Die Bundesregierung hofft so, Startups und technologieorientierte Mittelständler, die Geld in Form von Equity oder Wandeldarlehen aufgenommen haben, aufzufangen. Weitere Voraussetzungen wurden nicht geäußert. Die Bundesregierung hat angekündigt, innerhalb der nächsten Wochen einen endgültigen Beschluss vorzulegen, um so das Überleben vieler Unternehmen zu sichern.


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