08. Juli 2021 (aktualisiert am 28. Februar 2024) Erstellt von Viktoria Szostakowski Internet und DSL
Das World Wide Web, kurz auch WWW oder bekannt als das Internet, wurde ursprünglich als eine dezentrale Netzwerkstruktur konzipiert. Mit der Weiterentwicklung und der neuartigen Nutzung des Internets hat sich jedoch auch dessen Struktur gewandelt. So wird dieses zunehmend von zentralisierten Diensten zur Verfügung gestellt und entspricht nicht mehr der ursprünglichen Vorstellung eines offenen, dezentralen Netzwerks.
Das Internet, so wie wir es heute kennen, wurde erstmals 1990 als massentaugliches Medium zugänglich gemacht. Es basiert auf der Auszeichnungssprache HTML, die 1990 vom Physiker und Informatiker Tim Berners-Lee entwickelt wurde. Betrachtet man jedoch die Geschichte des Internets, so lässt sich feststellen, dass dieses zahlreichen Transformationsprozessen ausgesetzt war und sich heute unter dem zunehmenden Einfluss von zentralisierten Diensten stark gewandelt hat.
Ursprünglich sollte das Internet eine unabhängige Plattform darstellen, über die Menschen sich uneingeschränkt austauschen, informieren und vernetzten können. Dieser wichtige Kerngedanke ist immer noch gegeben, jedoch bilden sich immer mehr zentralisierte Dienste heraus, die die volle Kontrolle über die Daten der Nutzer*innen haben und somit beeinflussen können, wem welche Inhalte und Dienstleistungen über das Internet angeboten werden.
Immer mehr zentralisierte Dienste stellen wichtige Teile des WWW zur Verfügung. Bei diesen Diensten handelt es sich um Internet-Service-Provider, Domain-Name-Systeme, Suchmaschinen, E-Mail, Web-Hosting, soziale Medien oder die Cloud. Sie alle laufen auf einer begrenzten Zahl von Servern, die von wenigen, dafür aber sehr großen Unternehmen kontrolliert werden.
Diese Entwicklung hat einerseits zwar Vorteile, andererseits aber auch entscheidende Nachteile, weshalb die Forderung nach einer dezentralisierten Netzwerkstruktur, sprich nach einem Web3, immer lauter wird. Durch die zunehmende Zentralisierung von Internetdiensten besteht ein höheres Risiko für Serverausfälle, die den Zugriff von Nutzer*innen auf wichtige Funktionen zumindest zeitweise verwehren könnten. Zudem können die Server-Hoster theoretisch unbemerkt Nutzerdaten verkaufen oder herausgeben. Zensur und die priorisierte Ausspielung von Inhalten sind ebenfalls wesentlich einfacher.
Bei der Forderung nach einem dezentralen Internet geht es darum, dass das System selbst und dessen Dienste nicht von einigen wenigen Unternehmen betrieben werden. Stattdessen soll das Internet von Nutzer*innen und einem Netzwerk unabhängiger Rechner und Server betrieben werden. Dabei ist den Akteur*innen, die das dezentrale Internet einfordern, bewusst, dass das zentrale System einige Vorteile verspricht. Dazu gehören in etwa schnellere Ladezeiten und eine einfachere Bedienung. Somit wird das Internet nie komplett dezentral sein. Es wird ein weitestgehend dezentrales Internet gefordert, das die Vorteile des zentralisierten Systems weiterhin beibehält, daneben aber mehr Datenschutz und die Netzneutralität sicherstellt.
Der Übergang vom plattformgetriebenen Internet zum dezentralen Internet soll daher nicht radikal, sondern Schritt für Schritt geschehen. Einzelne Aspekte des Internets lassen sich durchaus dezentralisieren. So haben sich einige Startups gegründet, die eben daran arbeiten. Viele dieser Startups nutzen dafür die Blockchain. Mit einer Blockchain ist es möglich, Informationen über eine dezentrale, von vielen Teilnehmer*innen gemeinsam genutzte Datenbank sicher zu übermitteln. Die Blockchain kann als verteiltes Register beschrieben werden, das auf vielen Rechnern in einem Peer-to-Peer-Netzwerk abgelegt wird. Treten neue Teilnehmer*innen der Blockchain bei, übernehmen diese eine Kopie der gesamten Blockchain.
Blockchains stellen sichere, stets aktuelle Verzeichnisse dar, in denen digitale Transaktionen verlässlich und für die Teilnehmer*innen nachvollziehbar dokumentieren sind. Sie werden ständig chronologisch und linear erweitert. Blockchain wurde im Rahmen der Kryptowährung Bitcoin entwickelt. Es dient diesem als Web-basiertes, dezentrales, öffentliches Buchhaltungssystem aller Bitcoin-Transaktionen, die jemals getätigt wurden.
Die Blockchain erweist sich als besonders hilfreich, um kritische Aspekte der aktuellen Internetstruktur neu zu gestalten. So ist der wichtigste Bereich, der dezentralisiert werden soll, der des Speicherns von Daten. So ist man bei vielen internetbasierten Diensten dazu gezwungen, seine Daten anderen Unternehmen anzuvertrauen. Es passiert jedoch nicht selten, dass so generierte Daten missbraucht werden oder durch Hackerangriffe gestohlen und dann für missbräuchliche Zwecke weiterverwendet werden. Die Blockchain hat den Vorteil, dass Nutzer Dienstleistungen in Anspruch nehmen können, ohne die Kontrolle über ihre Daten aufgeben zu müssen.
Das Domain-Name-System, kurz auch DNS, würde ebenfalls von der Blockchain insofern profitieren, dass DDoS-Attacken und Zensur eingeschränkt wären. Bei DNS handelt es sich um spezielle Server, die IP-Adressen, die von Computern verwendet werden, aber von Menschen schwer zu lesen sind, in einfach zu lesende Adressen verwandeln. Die zu Anfang des Internets einfach überschaubaren IP-Adressen wurden mit der zunehmenden Komplexität des Internets immer umfangreich, so dass in den 1980er-Jahren DNS als Abhilfe eingeführt wurde. Mittlerweile hat sich das DNS zu einer stark zentralisierten Industrie entwickelt. Durch diese starke Zentralisierung können Angriffe auf das System große Folgen haben, wie es beispielsweise bei einem DDoS-Angriff der Fall war, bei dem Seiten wie Netflix, Twitter, Reddit und GitHub für Nutzer bestimmter Regionen in den USA nicht mehr erreichbar waren.
Es ist interessant zu betrachten, wie eine Technologie, die ursprünglich für einen anderen Bereich konzipiert wurde, eine Möglichkeit für die Umstrukturierung eines etablierten Systems darstellt. Das Internet neuzudenken und Ideen zu dessen Umgestaltung zu entwickeln, hat einen revolutionären Charakter. Es bleibt spannend zu schauen, wie sich das Internet, das sich ohnehin in einem stetigen Wandel befindet, sich in den kommenden Jahren wandelt wird. Zunehmende Hackerattacken, Missbrauch und Zensur und mangelnde Datensicherheit sind Missstände, die zunehmend präsenter und allgegenwärtiger werden. Schlussfolgern wird die Forderung nach einer dezentralisierten Lösung, sprich nach dem Web3, immer lauter. Das Web3 verfügt somit über das Potenzial, sich zu unserem zukünftigen Internetsystem herauszubilden.