27. Dezember 2019 (aktualisiert am 13. September 2021) Erstellt von Viktoria Szostakowski Arbeitsleben
Digitale Nomaden erledigen ihre Arbeit ortsungebunden und ziehen dabei von Ort zu Ort. Der Reiz ist ganz offensichtlich - nämlich das Arbeiten an Urlaubsorten und eine selbstständige Arbeitsgestaltung. Digitalnomaden entfliehen so Büroräumen in urbanen Zentren und konventionellen Arbeits- und Zeitmodellen.
Unter dem Begriff „New Work“ fallen vielfältige und neuartige Arbeitsmodelle wie das Home Office, die 4-Tage-Woche und Co-Working Spaces. Zu den New Work-Modellen gehört auch der digitale Nomadismus. Es ist Teil der Vorstellung eines Remote Offices, sprich des Arbeitens außerhalb der Bürowände.
Außerhalb des Büros zu arbeiten ist einigen unter dem Begriff „Home Office“ schon bekannt. Digitale Nomaden gehen dabei jedoch einen Schritt weiter. Diese arbeiten zwar genauso außerhalb des Büros, sind aber im Vergleich nicht im eigenen Zuhause, sondern an eher exotischeren Orten anzutreffen. Digitale Nomaden kennzeichnen sich auch dadurch aus, dass sie Ihren Arbeitsort regelmäßig wechseln. Man könnte digitalen Nomadismus mit einer Rundreise um die Welt vergleichen, hier jedoch plus die Arbeitszeit am Laptop.
Die Vielfältigkeit digitaler Nomaden erschwert eine einheitlich geltende Definition festzulegen. Was aber wahrscheinlich alle digitalen Nomaden verbindet, ist die Bereitschaft zu reisen, die Offenheit gegenüber anderen Kulturen aber auch das Streben nach Freiheit und Autonomie.
Wie schon erläutert wurde, ist der Arbeitsplatz digitaler Nomaden frei wählbar. So wie der Arbeitsplatz aber frei wählbar ist, steht die freie Wahl eines digital nomadischen Lebensstils nicht jedem offen.
Die entscheidende Grundvoraussetzung für den Lebensstil eines digitalen Nomaden ist, dass dieser überhaupt ortsunabhängig arbeiten kann. Sprich, der Job, den man ausübt, findet idealerweise nur am Computer statt und setzt keinen Zugriff auf anderen Ressourcen voraus. Diese Möglichkeit bietet sich natürlich nicht jeder Arbeitsgruppe, sondern in erster Linie Freelancern und Selbstständigen im Bereich der Online-Dienste oder aber auch Arbeitnehmern, dessen Job es erlaubt.
An dieser Stelle kommt die Zuschreibung „digital“ ins Spiel. Digital betont, dass Arbeitsgruppen, die Ihre Arbeit online und am Laptop verrichten, hier den Vorrang haben. Ein digitaler Beruf erleichtert standortunabhängiges Arbeiten, da die einzig benötigten Ressourcen, nämlich Strom und Internet, dank der fortschreitenden Digitalisierung vielerorts gegeben sind. Zudem erleichtern neuere technische Entwicklungen das Arbeiten von alternativen Standpunkten aus. Dazu gehört der immer besser ausgebaute Internetzugang, die technischen Möglichkeiten zur Anbindung in das Unternehmensnetzwerk als auch Chat- und Messanger-Systeme, sodass der Kontakt zu Kollegen aufrechterhalten werden kann.
Zwar sind viele Digitalnomaden zugleich auch Selbstständige oder Freelancer, jedoch ist die Vorstellung, dass nur Selbstständigkeit und andauerndes Umherziehen das Leben als digitaler Nomade ermöglichen, nicht ganz richtig.
Es gibt zahlreiche Berufe, die an ein festes Arbeitsverhältnis gebunden sind und dabei gleichzeitig das Arbeiten auf dem Segelboot ermöglichen. Auch die Vorstellung, dass man über keinen Wohnsitz verfügt, sondern immer in Bewegung ist, ist somit nicht richtig. Ein fester Wohnsitz ist sowohl in rechtlichen Fragen sehr hilfreich, aber auch für die eigene Sicherheit als Rückzugsort zu empfehlen.
Man kann grob fünf Tätigkeitsbereiche festmachen, die als geeignet für digitale Nomaden gelten: Software-Entwicklung, Texten, Marketing, Data Analysis und Vertrieb. Diese Berufe setzen in der Regel lediglich den Zugang zu einem Laptop und WLAN voraus und lassen sich daher ideal von beliebigen Standorten aus praktizieren. Es finden sich aber garantiert auch weitere Bereiche, bei denen Arbeit außerhalb des Büros denkbar ist.
So schön diese Vorstellung, als digitaler Nomade umherzureisen und an den unterschiedlichsten Orten zu arbeiten auch klingt, kommen bei genauer Betrachtung doch viele Fragen und Unsicherheiten auf. Wie arbeiten digitale Nomaden und wie leben sie? Wie regeln sie rechtliche Fragen, wie in etwa den Erhalt offizieller Dokumente oder das Eröffnen eines Bankkontos ohne dauerhaften Wohnort?
Die Arbeitsweise digitaler Nomaden bietet viel Flexibilität. So ist sowohl die Arbeit an turbulenten Orten wie Cafés oder Parks, als auch an Rückzugsorten wie Bibliotheken oder in Hotellobbys möglich. Einzige Voraussetzung ist hierbei der Internetzugang, der heutzutage zwar immer allgegenwärtiger aber zugleich nicht immer verlässlich ist.
Außerdem sollte beachtet werden, dass die Arbeitsweise digitaler Nomaden nicht bedeutet, dass sie nur so viel arbeiten, wie sie möchten. Schließlich müssen auch sie darauf achten, dass ihre Lebensunterhaltskosten abgedeckt sind und deshalb eventuell auch mal länger und mehr arbeiten. Hinzu kommt, dass es sich bei digitalen Nomaden nicht ausschließlich um Freelancer oder Selbstständige handelt. Es gibt auch feste Angestellte, die als digitaler Nomade umherziehen und arbeiten und dabei einer festgelegten Stundenanzahl nachkommen müssen.
Als Digitalnomade wohnt man meistens in Hotels oder anderen kurzzeitigen Unterkünften. Auch hier gilt, dass die benötigten technische Ressourcen verfügbar sein müssen. Besonders beliebt sind die Orte, wo flächendeckendes Internet, sommerliche Temperaturen als auch verhältnismäßig niedrige Lebenshaltungskosten und günstige Mieten gegeben sind. Eben aus diesen Gründen sind südostasiatische Länder, wie Indonesien, Thailand und Vietnam, bei digitalen Nomaden beliebt. Es empfiehlt sich trotzdem einen festen Wohnsitz in Deutschland zu behalten, um beispielsweise dort wichtige Post sicher zu stellen zu lassen, oder bei rechtlich relevanten Fragen nicht nur eine deutsche Staatsangehörigkeit, sondern auch einen deutschen Wohnsitz nachzuweisen.
Seit zwei Jahren findet in der Schweiz die Digitale Nomaden Konferenz statt, bei der digitale Nomaden zusammenkommen, sich austauschen und die Möglichkeit haben, an Keynotes oder Workshops teilzunehmen. Teilnehmende berichteten dem Tages Anzeiger von ihren positiven Erlebnissen als auch von Schattenseite digitalen Nomadentums, bei denen deutlich wird, dass zwischen der Vorstellung und der Realität doch eine gewisse Diskrepanz besteht.
Jill Oppliger arbeitete früher als Direktionsassistentin, bis sie im Februar 2009 entschied, sich selbstständig als virtuelle Assistentin zu machen. Heute erledigt sie administrative Aufgaben für Unternehmen – genauso wie eine gewöhnliche Assistentin nur online und unabhängig von jedem Standort aus. Oppliger erhält regelmäßig positives Feedback und ist mit ihrer Arbeit zufrieden, wünscht sich aber „mehr Verständnis in der Gesellschaft für diesen flexiblen Lebensstil und dass auch mehr Menschen in Festanstellung ortsunabhängig arbeiten können.“ Digitaler Nomadismus heißt nicht, dass weniger gearbeitet wird – meist ist das Gegenteil der Fall. Der digitale Nomade, der mit dem Laptop in der Hängematte liegt, ist eine falsche Vorstellung. Insbesondere die Trennung von Arbeit und Freizeit ist für die Arbeit als digitaler Nomade eine große Herausforderung.
Um die Herausforderungen zu meistern, hilft es, sich mit anderen digitalen Nomaden zusammenzutun. So trifft man auf Gleichgesinnte, die den Lebensstil kennen, mit denen man sich austauschen und seine Heimat auf Zeit erkunden kann.