18. Juli 2016 (aktualisiert am 23. September 2021) Erstellt von Jennifer Schmitz ISDN
Die ISDN Abschaltung rückt immer näher und mit einer planvollen Umstellung auf VoIP sollte zeitnah gestartet werden. Die Umstellung der Telefonie auf Voice Over IP ist meist unproblematisch. Unsicherheit besteht am häufigsten bei ISDN-Sonderdiensten, wie dem Fax oder der Alarmanlage. Dabei gibt es auch für diese Systeme gute Migrationslösungen für das All-IP-Netz.
Bisher haben Sie Ihr analoges Faxgerät ganz bequem als Nebenstelle oder Server betrieben. Dies ist mit Voice Over IP nicht mehr so einfach möglich. Möchten Sie Ihr Faxgerät auch ohne ISDN weiter nutzen, so können Sie es mittels eines VoIP-Adapters VoIP-fähig machen. Dieser Adapter nennt sich „Analog-Telefon-Adapter“ (ATA) und stellt eine Verbindung über das Internet her. Meist ist der so genannte ATA eine Box mit einem Ethernet-Port (Anschluss für das Internetkabel) und einem oder mehreren Telefonanschlüssen. Eine separate Konfiguration des VoIP-Adapters ist notwendig.
Eine vollständige Fax-Migration in den VoIP-Dienst bieten virtuelle Fax-Dienste, wie z.B. Web2Fax und Fax2Mail. Hier senden Sie Ihre Faxe digital über Ihren Webbrowser oder eine PC-Anwendung an den Empfänger. Das digitale Dokument (meist PDF) wird einfach in der Oberfläche hochgeladen und versendet. Beim Fax2Mail erhalten Sie Ihre eingehenden Faxe als PDF-Anhang in Ihrer E-Mail. Diese können sofort im Dateisystem abgelegt werden. Bei fonial ist Ihr Fax zudem über das Kundenkonto herunterladbar. Einige Anbieter, wie die fonial, bieten bereits Smartphone-Fax-Lösungen an, sodass Sie, mittels einer App, Faxe auf dem Smartphone empfangen und versenden können.
Gegensprechanlagen und Türöffner waren meist als eigene Nebenstelle an der Telefonanlage angeschlossen, die DTMF- und Klingelspannung-Unterstützung bot. Auch hier kann mittels Adapter die Funktionalität über einen SIP-Account in der Anlage aufrechterhalten werden. Moderne Gegensprechanlagen und Türöffnungsanlagen können bereits mit einem SIP-Account über VoIP genutzt werden. Dazu muss jedoch der VoIP Anbieter bzw. Telefonanlagen-Anbieter diese Funktion unterstützen.
Auch Gefahrenmeldeanlagen, wie Brandmelde- und Alarmanlagen, konnten bisher an die Telefonanlage als eigener Amtsanschluss mit Modem- oder HDLC-Kommunikation (High-Level Data Link Control), bzw. GSM, angeschlossen werden. Dies ist mit VoIP nicht mehr möglich. Hier müssen Sie als Kunde tätig werden und Ihren Anlagenerrichter bitten, die Gefahrenmeldeanlage auf das Protokoll VdS 2465 umzustellen. Die Signale müssen über einen IP-Hauptweg und einen Ersatzweg (beide VdS-Zugelassen) zur Übertragungszentrale gesendet werden. Dies ist auch über GPRS, UMTS und LTE möglich.
Auch bei EC-Cash-Terminals besteht in den meisten Fällen Handlungsbedarf, wenn diese noch an der „Telefonleitung“ angeschlossen sind. Die Telekom beschreibt auf Ihrer Website, dass EC-Terminals am IP-Anschluss weiter betrieben werden können, solange diese über eine Internetverbindung (W-LAN/ LAN) angeschlossen sind. Alternativ können diese auch über das Mobilfunknetz betrieben werden. Doch auch hier müssen die Betroffenen selbst handeln und sich bei dem Anbieter des EC-Cash-Geräts über die nötigen Vorbereitungen für die Umstellung auf VoIP informieren. Im schlimmsten Fall müssen Sie damit rechnen, eine Investition in ein neues, IP-fähiges EC-Cash-Terminal zu tätigen.
Viele Menschen sind auf Ihren Hausnotruf als Lebensretter angewiesen, welcher an das Festnetz angeschlossen ist. Dieser funktionierte meist über den Amtsanschluss mit normaler Telefoniefunktion. Mit der Abschaltung des ISDN-Netzes wurden viele Ängste geweckt, dass Hausnotrufsysteme mit VoIP nicht mehr funktionierten. Doch auch hier gibt es verschiedene Lösungen für einen IP-fähigen Hausnotruf.
Bei einem Hausnotruf-System kann mit verschiedenen ATA gearbeitet werden, die die Analoggeräte an das Internet anschließen. Besser ist jedoch eine vollständige Migration des Hausnotrufs. Hier sollte mit dem Hausnotruf-Dienstleister, meist DRK oder Caritas, gesprochen werden, welche IP-fähigen Hausnotrufsysteme durch sie unterstützt werden. Teilweise gibt es auch Geräte, die über das Mobilfunknetz betrieben werden können.
Bisher wurden auch Aufzug-Notrufsysteme meist über einen analogen Amtsanschluss geführt. Ist ein Aufzug stecken geblieben oder gab es einen sonstigen Notfall in einem Aufzug, so konnte direkt nach Hilfe gerufen werden. Auch in einem All-IP-Netz muss keiner ohne die Möglichkeit Hilfe zu rufen im Aufzug verharren, denn auch bei Aufzug-Notrufsystemen gibt es IP-Migrationslösungen. Der Aufzugbetreiber kann den Anschluss des Notrufsystems über GSM bzw. Mobilfunk umrüsten, sofern ein ausreichender Funkpegel verfügbar ist. Moderne Aufzugsysteme verfügen sogar bereits über einen LAN-Anschluss oder eine Mobilfunklösung, welche Notrufe über ein IP-Gateway senden und so zuverlässig betrieben werden können.
Auch die Anlagenüberwachung und -steuerung (beispielsweise von Heizungssystemen) konnte über einen Amtsanschluss mit Modem- oder HDLC-Kommunikation betrieben werden. Eine teilweise Migration ist mittels ATA und SIP-Account, ähnlich der Teil-Migration von Gegensprechanlagen und Türöffnungssystemen, möglich. Besser ist jedoch die Investition in neue Systeme, denn im Feld der Anlagensteuerung und -überwachung wurden in Verbindung mit IoT-Lösungen (Internet of Things – Internet der Dinge) bereits gut funktionierende IP-Lösungen entwickelt (z.B. von Siemens, Johnson Controls), die im Vergleich zu herkömmlichen Lösungen sogar mehr Funktionalität bieten können.
Fazit: Die Umstellung auf das All-IP-Netz muss niemand fürchten. Für jeden Anwendungsfall gibt es eine Lösung, die auch im neuen Netz funktioniert.